„Auf der Suche nach Fritz Heyn“

Projekt  denkmal aktiv 2016 / 2017, Bornholmer GS, Berlin-Pankow

Im Rahmen des Themas: „Gemeinsam Denkmale erhalten“ werden wir uns mit der ehemaligen Stuhlrohrfabrik, dem Wohnhaus von Fritz Heyn und der Wohnanlage Heynstraße 21-24 in Berlin-Pankow beschäftigen und auseinandersetzen.
Diese liegen in Pankow, direkt an der Grenze zum Prenzlauer Berg und damit in unmittelbarer Nachbarschaft unserer Schule.

DSC_0102.JPG
Historie
1883 begann der Aufstieg des aus armen Verhältnissen stammenden Blaudruckers Fritz Heyn. Zuerst gründete er im Prenzlauer Berg eine Fabrik zur Aufbereitung von Rattan. Heyn importierte den unbearbeiteten Rohstoff nach Berlin, reinigte ihn und bereitete das Material weiter auf. Seine Kunden waren Peitschen- und Korbfabriken, aber vor allem Möbelhersteller. Sehr bald hieß darum das Unternehmen »Stuhlrohrfabrik Fritz Heyn & Co.«. Die Geschäfte liefen gut und das Unternehmen zog vor die Tore der Stadt nach Pankow. Dort hatte er 20 Morgen einer Obstplantage im heutigen Karree Görschstraße, Florapromenade und Florastraße gekauft.
Mitten durch sein Land baute er eine Erschließungsstraße, die Heynstraße. Den Namen hat er selbst im Gemeinderat vorgeschlagen. Dort zeigte man sich aufgeschlossen für die Idee, da der neue Mitbürger nicht nur bis zu 30 Arbeitsplätze in seiner Fabrik anbot, sondern als Schöffe und Stellvertreter des Gemeindevorstehers viel ehrenamtliches Engagement für Pankow einbrachte. Ohne größere Probleme war auch die einstige Obstplantage in Bauland umgewidmet worden. Heyn hatte damit zwei wirtschaftliche Stützen – die Stuhlrohrfabrik, die er in der Heynstraße 10 bis 15 ansiedelte, sowie das Immobiliengeschäft, denn etliche der parzellierten Grundstücke verkaufte er nach und nach an diverse Investoren weiter.

1900 um Stuhlrohrfabrik v Fritz Heyn.jpg

um 1900 Stuhlrohrfabrik

Für sich baute er das 4-geschossige Haus Heynstraße 8. In die Beletage zog Heyn mit seiner großen Familie persönlich ein. Die älteste Tochter bekam mit ihrem Mann und ihren vier Kindern ebenfalls eine Wohnung. Unterm Dach wohnten die vier Dienstmädchen und im kleinen Seitenflügel der Kutscher. In seltener Pracht ist die bürgerliche Wohnung der Heyns bis heute weitgehend in ihrer Originalausstattung erhalten geblieben.

1900-um-heynstr-8_922

Neben der Fabrik und dem eigenen Wohnhaus baute Heyn gegenüber auch die Wohnhäuser Heynstraße 21 bis 24.

126 wohnensemble.jpg
Für die Stuhlrohrfabrik begann der Niedergang mit dem Ersten Weltkrieg, als die Rohstoffzufuhr unvermittelt gedrosselt wurde. Die Inflation gab der Stuhlrohrfabrik dann den Rest. Ab 1931 verschwand sie endgültig aus dem Berliner Branchenverzeichnis.
Der Niedergang der Stuhlrohrfabrik war der Beginn der Färberei Riep 1915 auf dem gleichen Gelände. 1967 erfolgte die Übernahme der Färberei durch Gründung Zentraler Theaterdienst, 1995 die Gründung Zentraler Theaterdienst GmbH. Hinter dem Theaterdienst, der heute der älteste Betrieb auf dem Gelände ist, verbirgt sich eine Färberei und Wäscherei. Die Kundschaft liest sich wie ein Lexikon der deutschen Theater- und Opernbühnen, internationale Bühnen wie in San Fransisco, Paris, Wien sind darunter, ebenso Wolfgang Joop. Die internationale Theater- und Filmwelt schickt Stoffe, um sie so färben zu lassen, wie es den Vorstellungen der Kostümbildner entspricht.

111 Färberei.jpg
Aktuelle Situation
Und heute? Seit 2004 gibt es nun schon die Heynhöfe. Verschiedene Unternehmer gründeten eine Genossenschaft, um die über 100 Jahre alten Backsteinhäuser zu nutzen, die klassische Industriearchitektur zu restaurieren und Geschichte zu erhalten. Der Gewerbehof in der Heynstrasse 15 wurde neu organisiert, Dächer saniert, Fenster ausgetauscht, vieles repariert. Heute sind auf dem Gelände 11 Unternehmen vertreten, welche gemeinsam den Standort bereichern und den Bezirk um einen produktiven, kreativen Gewerbehof erweitern.

112-heynstudios
Im ehemaligen Wohnhaus Heyn residiert heute in der Beletage das Heimatmuseum Pankow mit einer Dauerausstellung zum bürgerlichen Wohnen in Pankow.
Interessanterweise ist das ehemalige Wohnhaus von Fritz Heyn ein Baudenkmal, der Salon und das Herrenzimmer sowie die Gartenanlage im Hof stehen heute durch einen glücklichen Umstand unter Denkmalschutz.

135-museum
Die gegenüberliegenden (von Fritz Heyn auch für seine Mitarbeiter gebauten) Wohnhäuser Heynstraße 21 bis 24 wurden denkmalgerecht saniert, das Jugendstilensemble mit 40 Wohnungen steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz.
Für die ehemalige Stuhlrohrfabrik, den Standort der Heynhöfe besteht aktuell keine Unterschutzstellung. Zum Glück konnte die Genossenschaft einen Abriss vor 3 Jahren verhindern, sie sollte Wohnungsneubauten weichen. Mit der Unterstützung von Pankows Bürgermeister Köhne (“Die Geschichte eines Geländes interessiert leider nicht mehr“) konnte der Gewerbestandort nachhaltig gesichert werden.

Im durch das gesamte Schuljahr 2016 / 2017 laufenden Projekt setzen sich die SuS mit dem Erbe des Fabrikanten Fritz Heyn auseinander.

Hinterlasse einen Kommentar